Vom Zeitungsverkäufer zum Grimme-Preis | Gunnar Dedio von LOOKSfilm bei Mittelstars
Shownotes
In dieser Folge von Mittelstars lernt ihr Gunnar Dedio kennen – einen Mann, der nicht nur eine außergewöhnliche eigene Geschichte zu erzählen hat, sondern mit seiner Firma LOOKSfilm jeden Tag beeindruckende Geschichten in Wort und Bild erschafft. Seine Produktionen finden ihren Weg ins Kino und zu Streaming-Diensten wie Netflix und Co.
Gunnar begann seine Karriere als Kaufmann am Strand, wo er getrocknete Seesterne verkaufte – und weil seine Kunden es wünschten, bot er auch die passenden Steine dazu an. Kurz darauf kam die Wende, und mit ihr die Chance auf freie Presse im Osten Deutschlands. Diese Gelegenheit ergriff Gunnar entschlossen und brachte Medien von Axel Springer nach Ostdeutschland. Doch er blieb nicht nur beim Verkauf von Zeitungsabos – schnell organisierte er die gesamte Logistik und sorgte dafür, dass die Zeitungen pünktlich bei Haushalten und Gewerbekunden ankamen.
Mit Anfang 20, nach nur zwei Jahren sehr erfolgreicher Selbstständigkeit und einem Unternehmen mit über 200 Mitarbeitenden, übergab Gunnar die Firma an seinen Vater. Er zog nach Frankreich, um zu studieren und das „süße Leben“ kennenzulernen – doch es war auch der Beginn seines Traums, als Filmproduzent die Welt der Geschichten zu erobern.
Seid gespannt auf Gunnar Dedios faszinierenden Weg und lasst euch inspirieren – hört jetzt rein und entdeckt, wie Geschichten die Welt verändern können! 🎧
Transkript anzeigen
00:00:00: Und ich gehe da also spazieren, steht da ein Mann und der hat so Rasierschaum hier so am Hals.
00:00:06: Und ich denke, ja, sprich ihn an und sagt, sie haben da Rasierschaum am Hals.
00:00:14: Und das hier gibt sich ein Gespräch und es stellt sich raus, das ist Fernand Messeunier, der letzte Henker von Frankreich.
00:00:21: Zwei Stunden später saßen wir in seinem Keller, er führt ihm in die Geotien vor.
00:00:25: Ich erinnerte mich an diesen Moment 1987, dass ich doch mal Filmproduzent werden wollte.
00:00:31: Und dann dachte ich, okay, jetzt ist dieser Mensch da, jetzt oder nie. Das ist die Geschichte.
00:00:38: "Mittlestars - Der Mittelstand und Unternehmerpodcast" - ehrlich, direkt und ungefiltert.
00:00:45: Von und mit Markus Seidel.
00:00:48: Moin und herzlich willkommen zu einem neuen Podcast der "Mittlestars".
00:00:52: Mein Name ist Markus Seidel und heute zu Gast ist Gunnar Dedio.
00:00:55: Und wir erzählen die Story, wie der gebürtige Rostocker zum Zeitungsverkäufer wurde und mehr als 200 Leute beschäftigt hat.
00:01:02: Dann nach Frankreich ging und sich schlussendlich den Traum erfüllt hat, Filme zu machen und heute für Kinos, das Fernsehen oder auch Netflix produziert.
00:01:11: Herzlich willkommen Gunnar. Schön, dass du hier bist. Stelle dich gerne kurz vor.
00:01:14: Ja, schön, dass ich hier sein darf. Gunnar Dedio hast ja schon gesagt, mein Name.
00:01:18: Ich habe drei Kinder, ich bin Unternehmer. Ich darf mit einer ganz tollen Mannschaft von heute um die 75 Leuten Filme produzieren.
00:01:31: Und das ist eine große Leidenschaft und darüber erzähle ich dir gerne heute.
00:01:38: Wahnsinn. Freu ich mich schon heute besonders diesem Bereich auch kennenzulernen.
00:01:42: Wir haben auch den Anspruch, das Thema, was du mitbringst quasi bis ins kleinste Detail zu ergründen.
00:01:47: Aber wie bist du denn überhaupt zum Filmunternehmer geworden?
00:01:50: Schlussendlich gab es in deinem Leben so ein Aharmoment. Also kommst du aus einem Unternehmerhaushalt?
00:01:54: Ich glaube, du kommst aus der DDR. War nicht typisch, aber wo war so der Aharmoment, wo du gemerkt hast?
00:01:59: Irgendwie bin ich auch unternehmerisch interessiert und habe da Bock drauf.
00:02:02: Das sind zwei verschiedene Fragen. Also unternehmerisch interessiert, das entstand, glaube ich, als ich so 14, 15 war.
00:02:12: Ich wollte mir ein Fotoapparat kaufen, eine Exa 1B, damals in der DDR in Rostock.
00:02:19: Und eine Dunkelkamerausrüstung dazu. Das war aber mit 50 Fennig-Taschengeld nicht so richtig finanzierbar.
00:02:26: Dann bin ich an die Oste gegangen, habe Seesterne gesammelt, die getrocknet und die verkauft.
00:02:34: Und das lief gut. Und eines Tages gab es ein bisschen Wind und das Küchenhandhof, wo die Seesterne drauf lagen,
00:02:41: das schlug immer so um. Also bin ich noch mal runter ans Wasser gegangen, habe vier Steine geholt, habe die auf die Ecken gelegt
00:02:47: und prompt fragte mich ein paar Minuten später einer der Touristen, was kostet der Stein?
00:02:52: Den Stein, den du gesammelt hattest und einfach auf die Ecke zur Befestigung gelegt hattest?
00:02:55: Genau. Und ich habe kurz überlegt, habe ihm einen Preis vorgeschlagen und wollte aber wissen, wie so fragt er.
00:03:05: Und der interessierte sich für den Stein und für mich, ich konnte so ein paar Dinge über Geologie sagen,
00:03:14: habe ihm was zu dem Stein erzählt und habe gemerkt, der Mann möchte eine Geschichte.
00:03:20: Und am Ende kaufte er zwar den Stein, aber praktisch kaufte er eine Geschichte.
00:03:24: Und ich glaube, das war der allererste Moment, wo ich gemerkt habe, Geschichten sind was Wichtiges für Menschen.
00:03:30: Und dann gab es einen weiteren Moment, das war zwei, drei Jahre später, 1987, denke ich, war das.
00:03:37: Da ging ich ins Kino in das Theater des Friedens, die hatten alle so bedeutungsschwangere Namen,
00:03:43: die Kinos oder viele von denen jedenfalls in der DDR.
00:03:46: Ich ging in das Theater des Friedens in Rostock und sah einen Film von Carlos Sauer, der hieß "Carmen".
00:03:51: Und ich erinnere mich bis heute sehr genau an diesen Moment, ich war da, alt war ich da, 17, denke ich, und ich kam dort raus und dachte,
00:04:03: also wenn ich groß bin, das wäre es, irgendwie einmal im Leben so ein Film machen zu dürfen.
00:04:09: Das war sehr unwahrscheinlich in der DDR, ich war so ein bisschen rebellisch, dass man mir das durchgehen lassen würde,
00:04:16: um das Film mitzumachen, das war eher ausgeschlossen.
00:04:20: Aber es war so ein Schlüsselmoment, das war der Traum.
00:04:23: Und als dann die Mauer fiel, gab es plötzlich einen riesengroßen Möglichkeitenraum.
00:04:32: Und ich dachte, wow, das ist doch Wahnsinn, jetzt ich darf alles sagen, ich darf alles machen, so war mein Eindruck.
00:04:42: Ich darf alles lesen, so ein Moment der Freiheit.
00:04:47: Ich bin vorher immer nach Ungarn gefahren in den Sommerferien, habe den ganzen Jahrgang Spiegel gelesen,
00:04:52: weil in der DDR hatte man keinen Zugang zu westlicher Presse.
00:04:57: In Ungarn durfte man das aber kaufen und deswegen dachte ich, wow, das freie Wort, muss ich irgendwie helfen, das in die DDR zu bringen.
00:05:07: Also quasi Bildungsurlaub, den du da auch mehr oder weniger genommen hast.
00:05:10: Das war, kann man so sehen, hat auch Spaß gemacht, aber ich habe halt einen Jahrgang Spiegel gelesen dann im Sommer.
00:05:17: Dann kamen die Wände und dann gab es ja in der DDR quasi, da gab es ja in diesem ganzen Zeitschrifteninfrastruktur nicht.
00:05:22: Nee, da gab es die regulierten Bezeitungen, die das neue Deutschland und die junge Welt und so weiter, aber es gab ja keinen Markt dafür.
00:05:33: Und ich dachte, wow, das ist der Moment, dann bin ich rüber nach Hamburg gefahren und habe bei den großen Verlagen angerufen und gesagt, hey, jetzt geht es doch los, wir müssen euch irgendwas machen.
00:05:44: Die hatten alle gute Laune und haben gelacht, aber auch beim Spiegel habe ich natürlich zuerst angerufen, aber die wussten nie so recht, was sollen wir denn machen.
00:05:53: Aber bei Axel Springer war jemand, der sagt, alles klar, kommen Sie vorbei, stellen Sie Konzept vor.
00:05:57: Und ich dachte, was? Konzept? Ich weiß gar nicht, was er meint, aber egal.
00:06:01: Ich komme trotzdem vorbei.
00:06:03: Ich komme trotzdem vorbei und ich wusste ja gar nicht, dass so ein Verlagshaus aus verschiedenen Bereichen besteht, also Redaktion und Vertrieb und Druck und so weiter und so weiter.
00:06:17: Ich wusste auch gar nicht, wo ich da gelandet bin.
00:06:19: Später nachher habe ich festgestellt, ich bin im Vertrieb gelandet, aber es war mir dann auch egal, es ging ja erst mal darum, das freie Wort in die DDR zu bringen.
00:06:25: Und dann haben wir da irgendwie ein Tier gefunden, ich habe gesagt, okay, komm, ich mache das irgendwie.
00:06:32: Und der sagt, ja, ist doch super.
00:06:34: Und dann, kurze Zeit später, war es so, das war noch vor der Währungsunion und die Leute wollten alle ihr Ostgeld loswerden, weil keiner wusste, zu welchen Kurs das getauscht werden würde.
00:06:52: Also, das war noch ein bisschen unklar. Es gab Leute, die saßen auf viel DDR-Mark.
00:06:59: Ja, oder irgendwie viel oder nicht viel, aber in jedem Fall, jeder hatte irgendwelches Geld und keiner wusste, ist das eigentlich in Kürze noch was wert, wenn es die Währungsunion gibt.
00:07:09: Weil das war unklar, ob und oder zu welchem Kurs das irgendwie getauscht werden kann.
00:07:13: Also wollten die Leute alle ihr Geld loswerden.
00:07:15: Also war es ganz einfach, also dieses neue Angebot zu machen. Ihr könnt hier eine Westzeitung abonnieren, wo alles drin steht.
00:07:25: Haben die sofort gemacht, damit sie sich auch ganz sicher sind, dass es klappt. Es gab früher noch ein Telegramm.
00:07:29: Ich weiß nicht, für die Leute, die das nicht mehr kennen, das ist so eine Art der Vorläufer, der SMS.
00:07:34: Da geht man also zur Post, schreibt was in ein Formular rein, bezahlt 20 Mark, dann wird das über Fernschreiber an ein anderes Postamt übermittel dort nochmal ausgedruckt.
00:07:44: Und dann nimmt sich jemand diesen kleinen Ausdruck mit der SMS drauf und fährt den in einem Trabant damals zu dem Empfänger, also dass irgendwie so eine Nachricht nach 1, 2 Stunden da ist.
00:07:57: Und die Leute haben also per Telegramm dann diese Abonnements in Auftrag gegeben.
00:08:04: Und der Post wurde mit seinem Trabi, kam mit einem Sack voller Telegramme in mein Kinderzimmer und hat die abgegeben.
00:08:11: Das war super, weil der Verlag, Axel Springer, hat dann pro Abozettel eine sehr vernünftige Prämie gezahlt.
00:08:20: In Westmark?
00:08:21: In Westmark.
00:08:22: Und da reden wir von 100, 200 Euro.
00:08:24: So was in dem Dreh war das und da dachte ich, wow, Bäm, also der West macht Spaß.
00:08:30: Und dann haben wir aber das nächste Problem, die muss ja auch irgendwie dann, jetzt muss die Zeitung von der Druckerei zu den Leuten gebracht werden.
00:08:38: Es gab null Infrastruktur, also musste ich dann diese Infrastruktur aufbauen.
00:08:42: Ach, das heißt, du hast Abonnements verkauft, aber niemand wusste, wie die Zeitung quasi aus dem Druck dann wirklich in den DDR-Aushalten landet.
00:08:49: Genau, genau.
00:08:50: Das musste also, das war dann der nächste Schritt, diese Infrastruktur aufzubauen.
00:08:54: Und dann blitzblaut es irgendwann, war es die ganz kurze Zeit später, über 200 Leute, die dann da jeden Tag damit beschäftigt waren, diese Logistik irgendwie abzuwickeln,
00:09:05: dass diese Zeitung von der Druckerei in Hamburg dann bei den Leuten im Briefkasten landet, dann kamen noch sozusagen Belieferung von Verkaufstellen dazu.
00:09:15: Also das explodierte.
00:09:17: Das hat nicht mal ein Jahr gedauert.
00:09:19: Wir reden hier von Geschäftsidee, so Execution, inklusive 50 Lastwagen im Leasing, 100 Leute, die die Dinger ausfahren, verteilen, komplett Logistik, aus dem Nichts.
00:09:29: Ja, nach 50 Lastwagen waren das gar nicht.
00:09:31: Das waren, ich weiß nicht, wie viele Transporter das waren, aber das war ein überschaubarer Anzahl von Transporter und Leute, die das dann mit ihrem Auto gemacht haben.
00:09:41: Also das muss ja alles ganz schnell gehen.
00:09:44: Und das war ja gar nicht so einfach möglich.
00:09:47: Also irgendwie mit Auto lesen, das war alles noch nicht, es kam dann zwar die Währungsunion und Geld war da, aber das war alles nicht so einfach.
00:09:55: Und Privathaushalte waren ja auch glaube ich ganz nett, aber du hast das Thema, glaube ich, noch mal gehewelt.
00:09:59: Du hast ja nicht nur Privathaushalte beliefert, sondern wenn man jetzt pro Abo-Numon natürlich 100, 200 Westmark bekommt, ich glaube, du hast ja auch B2B, also das ist ja quasi auch...
00:10:08: Genau, es gab so ein Angebot bei der damals, das ist so Hotel-Abo-Sgar.
00:10:15: Und dann gab es Werbung fürs Hotel in der Zeitung, also mich zu den Hotels hingegangen und dann haben dann gleich irgendwie 200 Abos genommen für jedes Zimmer eins.
00:10:26: Das war halt unglaublich, das war eine wilde Zeit.
00:10:28: Änderlich das richtig verstehe. 200 Abos, das hast du dann halb Tage investiert teilweise, waren dann 20.000 bis 40.000 Westmark.
00:10:36: Das war schon viel Geld, ja.
00:10:37: Okay.
00:10:38: Und das war eine, aber das muss auch beliefert werden danach.
00:10:42: Ach ja, aber für die Beliefung hast du extra Geld bekommen.
00:10:45: Ja, das ist schon richtig.
00:10:46: Okay.
00:10:47: War eine wilde Zeit, war auch sehr, sehr viel Arbeit und war das erste Mal, dass ich sozusagen dann quasi unternehmerisch das erlebt habe, was das alles bedeutet,
00:10:59: habe dann aber auch gemerkt, dass was ich eigentlich wollte, das mit dem war Wort und dem freien Wort und der Message und den...
00:11:06: Das ist irgendwie untergegangen in der ganzen Logistik, weil das was mich eigentlich beeindruckt hat in diesem Moment, das Mauerfall,
00:11:15: es war plötzlich, erlebe ich Geschichte.
00:11:19: Ja, ich bin dabei, wie Geschichte passiert.
00:11:21: Im Osten hat man gelehrt, dass das alles gesetzmäßig läuft, daran glaube ich nicht.
00:11:25: Ich glaube, dass es sehr viele Zufälle gibt, Glück und Pech.
00:11:28: Wir hatten viel Glück, das hätte auch blutig werden können damals.
00:11:31: Ja.
00:11:32: Es war eine sehr kritische Situation und dann war der Westen da und plötzlich merke ich, okay, die Perspektiven der Menschen im Westen sind vollkommen anders
00:11:43: als die Perspektiven im Osten, die Narrative unterscheiden sich.
00:11:47: Und dann, die Leute im Osten haben plötzlich auch erzählen auch was anderes als was sie gestern erzählt haben.
00:11:52: Also diese Erfahrung der ganz unterschiedlichen Narrative und Perspektiven auf dieselbe Situation.
00:11:58: Das Erleben von Geschichte hat mich sehr geprägt, aber plötzlich war ich in der Logistik.
00:12:02: Und dann habe ich ein Kart gemacht und habe das Unternehmen meinem Vater überlassen und bin noch mal weit weg gesagt, okay,
00:12:14: ich habe meinen Studium damals abgebrochen, als die Mauer gefallen ist.
00:12:17: Ich muss noch mal durchatmen, ich muss überhaupt an den Westen kennenlernen.
00:12:21: Und dann mich nach Avignon in Frankreich.
00:12:24: Das war ein blöder Zufall, ja.
00:12:26: Ich komme von der Ostsee und ich wollte wieder ans Meer.
00:12:31: Und ich habe aber blöderweise auf eine Europakarte geguckt und da war Avignon sah so aus, das wäre es am Mittelmeer.
00:12:37: Ich kann nämlich, okay, bin ich da angekommen und habe mich in der Uni eingeschrieben und habe dann erstmal Gelegenheit gehabt,
00:12:45: überhaupt mal den Westen kennenzulernen, wo bin ich da eigentlich gelandet.
00:12:48: Ich bin in ein Auto, bin durch die Gegend gefahren, die Länder Italien, Benelux, alles Frankreich, Essen gehen, was weiß ich,
00:12:57: was es da alles an Wein gibt und naja, was alles, die große weite Welt dort parat hält, Literatur dort,
00:13:10: mich für Literatur und für Sprachen eingeschrieben und viel gelernt und entdeckt.
00:13:16: Und eines Tages bin ich spazieren gegangen, es gibt ein Ort in der Nähe von Avignon, der heißt Fontaine de Vucluis,
00:13:23: das ist so ein literarisch bedeutsamer Ort, da gibt es eine mysteriöse Quelle und ein dichter Petraca,
00:13:33: der dort wohl auch spazieren gegangen sein soll.
00:13:37: Und ich gehe da also spazieren, steht da ein Mann und der hat so Rasierschaum hier so am Hals.
00:13:43: Und ich denke, ja, spreche an und sag, sie haben da Rasierschaum am Hals.
00:13:51: Und es gibt sich ein Gespräch und es stellt sich raus, das ist Fernand Missonier, der letzte Henker von Frankreich.
00:13:59: Also der Mann, der Familienbetrieb von seinem Vater gelernt hat, wie man mit der Geoctin Köpfe abschlägt.
00:14:06: Geoctin ist diese scharfe Beil, wo du eingespannt wirst, in Fildesmunt an der Köpfe sagt.
00:14:11: Kopf rein, Beil runter, Kopf ab, in so einem Korb.
00:14:15: Was ist ja Französisches? Das hat er ausgehört bis wann?
00:14:19: In Frankreich gab es Todesstrafe bis 1985, die er selber hat gearbeitet in dem, was heute Algerien ist,
00:14:31: was vormals bis 1962 zu Frankreich gehörte.
00:14:37: Und dort hat er bis sozusagen Endkolonialisierung, hat er dort in Algerien gearbeitet.
00:14:44: Hat er aber seine Geotin mitgenommen.
00:14:47: Er war also zwei Stunden später, saß er in seinem Keller, er führte mir die Geotin vor
00:14:52: und auch seine Sammlung von Folter und Tötungswerkzeugen, was man so sich in einem Leben als Henker so ansammelt.
00:15:02: Und in dem Moment dachte ich, okay, ich erinnerte mich an diesen Moment, 1987, dass ich doch mal Filmproduzent werden wollte.
00:15:10: Und dann dachte ich, okay, jetzt ist dieser Mensch da, jetzt oder nie. Das ist die Geschichte. Das ist die Geschichte.
00:15:18: Ich bin dann also wieder zurückgegangen nach Ostdorck, hab die Filmproduktionsfirma gegründet,
00:15:27: mit der, die ich noch heute führen darf und hab dann erst mal überhaupt mich damit beschäftigt.
00:15:35: Wie geht das eigentlich, Filmproduzieren? Ich hatte keine Ahnung davon.
00:15:38: Hat doch wahrscheinlich keiner auf dich gewartet.
00:15:40: Hat auch keiner auf mich gewartet. Ich glaube, der Markt war gut verteilt.
00:15:44: Und auf dem mittellosen Aussi ohne Ahnung, hat garantiert keiner gewartet.
00:15:50: Aber ich fand das toll, wollte das wissen und hab mit ganz kleinen Dingen angefangen, mit irgendwie kleinen drei Minuten Filmen für den Norddeutschen Rundfunk.
00:16:03: Und das, der erste Film war dann ein 45 Minuten Film über einen Künstler Heinz Mevius.
00:16:13: Und so hat sich das entwickelt und ich bin dann zur Masterclasses gefahren, international und wollte das einfach lernen
00:16:18: und dann einfach losmarschiert. Und ich dachte, ja, der Weg ergibt sich beim Gehen.
00:16:24: Und parallel hast du diesen Film unterwegs?
00:16:26: Und parallel habe ich diesen Film über den Henker entwickelt.
00:16:34: Ich habe mich zu Programmen eingeschrieben, wo ich lerne, wie das besser geht, mit Drehbüchern und so weiter und so fort.
00:16:39: Da habe ich das überhaupt lernen, das habe ich also parallel gemacht, um dann am Ende tatsächlich diesen Film zu drehen und dann ins Kino zu bringen.
00:16:47: Damals in der DDR, mein Film Carmen und alle anderen Filme, die ich gesehen habe, die wurden damals von einem Filmverlei ins Kino gebracht.
00:16:57: Also Filmverlei ist das Mittelding zwischen dem Filmproduzenten und dem Kino, also quasi der Zwischenhänder, wenn man so will.
00:17:04: Also der Filmproduzent produziert ein Film und das Kino spielt ihn ab.
00:17:08: Aber der Verlei muss halt die Kopien herstellen, muss das Marketing machen und muss überhaupt dafür sorgen, dass es diesen Film...
00:17:13: Der Film vertrieb irgendwie?
00:17:15: Ja, der Film vertrieb, wenn man so die Branche nennt das halt Verlei.
00:17:19: Und in der DDR gab es einen Filmverlei, der hat alle Filme ins Kino gebracht, er hieß Progres.
00:17:26: Der wurde 1955 gegründet, nächstes Jahr 75 Jahre und damit bin ich aufgewachsen.
00:17:32: Jeder Film war immer von Progres, wie auch dieser Film Carmen war von Progres.
00:17:36: Und jetzt habe ich also meinen ersten Kinofilm produziert und dann bin ich natürlich zu Progres gegangen.
00:17:41: Die waren inzwischen deutlich kleiner geworden, weil sie ja kein Monopol mehr hatten und Progres, das ist wichtig für später,
00:17:49: ja merkt man es dann, hat dann diesen ersten Kinofilm, den ich da produziert habe, in die Kinos gebracht.
00:17:57: Also der Filmverlei der DDR, der einzige Filmverlei der DDR, hat sich trotzdem erfolgreich über die Wände gerettet, das ist ja alles nicht Gott gegeben.
00:18:04: Nein.
00:18:05: Und dann bist du wieder da gelandet und hast gesagt, ihr müsst den Film mit dem Henker für mich in den Verlei bringen.
00:18:09: Genau, das haben die dann auch gemacht und haben die, zwar mein erstes Erlebnis,
00:18:19: Kinofilm im Kino.
00:18:22: Dann hat sich das weiterentwickelt, es ist eine Mannschaft entstanden und wir haben uns interessiert, als Leute, die ja also im Osten halt Geschichte erlebt haben selber,
00:18:32: haben wir uns interessiert für Geschichtsfilme, also Filme, die irgendwie versuchen zu ergründen, wie entsteht denn jetzt Geschichte.
00:18:40: Warum stehen in diesem Moment die Leute auf und sagen, okay, Mauer wollen wir nicht mehr, warum klappt das, was passiert dort eigentlich?
00:18:47: Und wir haben halt sehr viel mit Geschichten um Geschichte gesucht.
00:18:56: Und dann passierte etwas, dass jemand in der Zeitung gelesen hatte, also Botswana, das Land im südlichen Afrika möchte jetzt das Fahrerlaubniswesen einführen.
00:19:10: Die haben das noch nicht und die Deutschen sollen ihnen dabei helfen, weil die davon ausgehen.
00:19:14: Also wenn eine Ordnung irgendwo reinbringt, ins Fahrerlaubniswesen sind es die Deutschen, dann haben wir gedacht, lustige Geschichte.
00:19:19: Wir fahren da also hin.
00:19:21: Und wir sind jetzt also Ende der 90er Jahre angekommen und haben in Botswana da ein Film darüber gemacht, wie die Deutschen versuchen den Botswana zu zeigen,
00:19:35: wie man das am besten machen könnte mit der Fahrerlaubnis.
00:19:37: Es wurde ein lustiger Film und bei der Gelegenheit lief uns dieser überschaubaren Stadt, der Hauptstadt von Botswana, Gabarone, jemand von der deutschen Botschaft über den Weg.
00:19:48: Wir waren auch ein bisschen auffällig wahrscheinlich dort und sagte, ihr habt es wahrscheinlich noch nicht gehört, aber Botswana will jetzt Fernsehen machen.
00:19:56: Es gibt noch keinen Fernsehsender hier, vielleicht ihr seid ja auch vom Fernsehen, vielleicht könnt ihr irgendwie kooperieren mit denen.
00:20:01: Da ist es eine Zusammenarbeit geworden, prompt hatte ich dann mit Partnern zusammen eine Niederlassung in Botswana.
00:20:10: Es war jetzt vielleicht nicht die klügste Expansionsidee ever, als erstes vielleicht noch Botswana zu gehen, aber so ist das halt passiert.
00:20:18: Ich hatte ein Haus in Afrika und es war eine tolle Erfahrung, eine ganz andere Kultur.
00:20:24: Ich kam ja aus diesem sehr beschränkten Raum, Möglichkeitenraum der DDR und alles was es dort gab, hatte ich erkundet, die Tschechesloverkai und Bulgarien und Rumänien und Moskau auch noch.
00:20:37: Das hatte ich bereist, das kannte ich und jetzt so eine ganz andere Kultur zu erleben, das fand ich großartig.
00:20:44: Und da es ergirb sich wieder etwas anderes, weil dann rief plötzlich eine sehr große französische Produktionsfirma an, die gelesen hatte, dass wir eine kleine Niederlassung in Botswana hatten und sagte, wir wollen gerne eine Ko-Produktion mit euch machen,
00:21:02: eine große Serie, so ein Millionending über Wildlife. Da kennt ihr euch ja mit Sicherheit super aus.
00:21:12: Ich fragte ihr wie, also jetzt mal, wie kommt ihr da drauf?
00:21:16: Na ja, mit der Niederlassung in Botswana muss das ja so sein.
00:21:19: Na legend.
00:21:20: Na legend, für die ja, für uns jetzt nicht so, aber es ergab sich halt daraus ein weiterer Meilenstein, also das erste Mal,
00:21:28: dass wir so eine große internationale Ko-Produktion gemacht haben, aus einem Missverständnis heraus letztlich.
00:21:35: Aber wir haben uns wacker geschlagen, es wurde eine große Serie und mir wurde klar, in Europa schafft man es nur, so groß und auch international erfolgreich zu sein, wenn man Ko-Produktion macht.
00:21:49: Das heißt, ein einzelnes Land hat nicht genug Geld, um so eine große Ko-Produktion zu machen, man muss verschiedene Länder zusammenbringen.
00:22:00: Also man muss das sehr geschickt aufstellen, weil die Marge ist dünn und es ist ein sehr riskantes Geschäft, was man macht, die Ko-Produktion.
00:22:07: Da können also auch schnell mal Dinge schiefgehen.
00:22:10: Wir müssen irgendwie gucken, wie kriegen wir die gesamte Kette, die man braucht in einer Filmproduktion. Wie kriegt man das gut sortiert.
00:22:19: So ein Film fängt an, dass ich sage, ich schreibe erstmal eine Idee auf, auf ein, zwei Seiten, dann wird da draußen Treatment, dann beschreibt man den Film schon auf 20, 30 Seiten, dann wird da draußen Drehbuch,
00:22:32: dann sind das schon mal so eine Seite pro Minute ungefähr. Parallel muss man den Film finanzieren, dass die Filme, die wir machen, kosten so zwischen 250.000 und 10 Millionen Euro.
00:22:44: Das muss man zusammenringen.
00:22:46: Und dann braucht man Technik dazu, Drehtechnik, Postproduktionstechnik, man braucht Musik und das Ganze geht dann in den Vertrieb, wenn man das international auswerten will.
00:22:57: Und da sind also lauter verschiedene Leute daran beteiligt.
00:23:00: Schnell habe ich dann gemerkt, okay, hier funktioniert was nicht, weil alle verdienen wahnsinnig viel, nur bei mir bleibt nichts übrig,
00:23:07: weil zum Beispiel die Kamera vermietet, vermietet sie für 1% des Kaufpreises als Mietpreis für einen Tag.
00:23:15: Und ich denke, das macht doch gar keinen Sinn. Und der Distributor, meine ersten Erfahrungen mit Distributoren, die das International verkauft haben,
00:23:27: waren dann, okay, die verkaufen das. Auf Seite 1 in der Abrechnung steht eine tolle Zahl und auf Seite 35 für mich, was ich bekomme, steht plötzlich eine Null,
00:23:36: weil irgendwie unterwegs durch Magie und was weiß ich, was alles passiert, am Ende nichts übrig bleibt für mich.
00:23:44: Da kam quasi wieder der Unternehmer durch, der mal geschaut hat, okay, also wir produzieren hier fleißig und es ist auch viel Arbeit,
00:23:50: aber irgendwie nehmen sich Leute ein Stück vom Kuchen, was kann ich denn davon vielleicht inhausen, wozu sollte ich mich beschäftigen?
00:23:57: Wie kann das Ganze so effizient aufgestellt sein, dass das am Ende auch funktioniert? Also wie kann das Ganze so gesund aufgestellt sein,
00:24:08: dass das funktioniert? Film ist ja auch, wenn es gut läuft, Kunst. Und es ist immer die Frage, wie viel stecke ich rein, damit das gut wird.
00:24:16: Was ist am Ende Erfolg? Sind das die Zuschauer, sind das die Kritiken, sind das die Festivals?
00:24:22: Ist das der Impact, den wir haben? Weil wir eine Frage stellen, wo man sagt, ich bewege etwas in dem Zuschauer, wo er oder sie anders aus dem Film rausgeht,
00:24:35: als sie reingegangen sind. Und es ist ein Hochleistungssport, wo man versuchen muss, sich an einem sehr umkämpften Markt durchzusetzen.
00:24:46: Und deshalb braucht man eine sehr hohe Effizienz, um überhaupt überleben zu können. Und daher kam dann die Überlegung zu sagen, okay,
00:24:54: was können wir selber machen? Wo ist hier vielleicht noch ein bisschen Marge, die wir lieber selber nutzen oder wo können wir uns eine höhere Flexibilität geben?
00:25:06: Da habe ich also viel gelernt, auch im Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern, die ich dann kennenlernen durfte,
00:25:15: weil ich vorher Französisch gelernt habe, weil Frankreich ein Land ist, was Filme liebt und wo sich dann mehr Kooproduktionen ergeben hat.
00:25:23: Das ganze Wissen hat sich dann ergeben. Wir sind jetzt 2004, also 15 Jahre nach dem Mauerfall.
00:25:38: Und er wollte der Mitteldeutsche Rundfunk gerne eine Serie machen, 10-teilige Serie, großes Ding über den Rückblick.
00:25:46: Was war eigentlich die DDR? Können wir nochmal die DDR erklären? Das mache ich gerne.
00:25:50: Ja, so. Inzwischen waren wir in der Mannschaft, Film, Film und auch so ein Unternehmen.
00:25:56: Da bin ich ja nur ein winziger Teil davon. Das ist ja eine große Mannschaft von Leuten.
00:26:02: Da gibt es gerade eine Kernmannschaft, die eine feste Mannschaft ist. Und dann gibt es die verschiedenen Filmteams, die ringsherum sind und die in den verschiedenen Filmprojekten arbeiten.
00:26:13: Du hast immer parallel 10, 20 solche Filmprojekte und die atmen ja. Die sind in Phase 1, wo die quasi strukturieren.
00:26:20: Dann gibt es auch Filme, die sind gerade in der heißen Phase, da müssen also Kompasen angeworben werden.
00:26:24: Auf einmal hat dieses Projekt 100, 200 Leute, die auf der Pellow sind.
00:26:28: Ja, da renzen fiktionales Projekt ist sozusagen eine größere Produktion.
00:26:33: Da können gerne 100 Leute hinter der Kamera, 100 Leute vor der Kamera.
00:26:36: Das schwilt dann an, schwilt dann wieder ab. Aber das ist so eine f-währe Organisation, die dort entsteht.
00:26:43: Und das Kernteam steuert diese verschiedenen Projektteams, die wachsen und wieder kleiner werden und bis so ein Filmprojekt dann zu Ende ist und in den Vertrieb geht.
00:26:59: 2004, der MDR möchte diese Serie haben und das war dann ein weiterer Meilenstein, wo wir sagen, okay, das ist eine komplett alleine entwickelte große internationale Serie, 10 Teile.
00:27:14: Und die war sehr erfolgreich. Es gab den ersten großen Preis, den Grimmepreis, der Fiaf.
00:27:21: Als Produzenten.
00:27:23: Als Produzenten. Produzent hat einen bekommen, Regier hat einen bekommen.
00:27:26: Das ist der deutsche Filmpreis.
00:27:28: Das war ja zumindestens einer der ganz großen deutschen Preise, die man im Filmbereich, im Fernsehbereich in Deutschland bekommen kann.
00:27:37: Und da war ich also Mitte 30. Das war auch international erfolgreich.
00:27:43: Das war in 123, glaube ich, Länder waren es international lizenziert worden.
00:27:49: Also es gab ein sehr großes Interesse international an diesem Phänomen DDR.
00:27:55: Es gab ein sehr großer Moment. Aber irgendwie ging es dann immer weiter.
00:28:03: Also die Frage war dann, was ist der nächste, wo bewegen wir uns als nächstes hin?
00:28:07: Habt ihr diesen Film selber an den Vertrieb gebracht oder hattet ihr um diesen Film in 123 Länder zu bringen, auch wieder eine Firma wie die Progres, die euch unterstützt hat?
00:28:16: Also zu dem Zeitpunkt, wir haben mit verschiedenen Vertrieben gearbeitet, zu dem Zeitpunkt hatten wir eine Vertriebsfirma, die diesen Film international verkauft hat, German United Distributors.
00:28:30: Ich habe mir aber gewünscht, dass auch diese Struktur selber aufzubauen.
00:28:37: Weil der Distributor steht also letztlich zwischen uns und dem Kunden.
00:28:43: Der geht also quasi ja, wenn du so willst, mit unserem Produkt zu dem Kunden, aber hat dann sein Logo da drauf.
00:28:51: Und stattdessen wir diese Kundenbeziehung aufbauen, da hätte ich gerne seine eigenen Strukturen, die hat sich dann auch ergeben,
00:28:59: weil die Prokristin von dem Distributor, der später aufgelöst wurde, mit der habe ich mir sehr gut verstanden und irgendwann habe ich mich getraut, sie zu fragen, was denn geschehen müsste, dass sie vielleicht für uns arbeitet.
00:29:19: Und sie ist bis heute bei euch?
00:29:20: Sie ist bis heute bei uns, bin ich auch sehr, sehr froh, vielen Dank.
00:29:24: Und ein ganz wichtiges Element, um sich weltweit gut aufstellen zu können.
00:29:29: finanzieren zu können, weil die Marge in der Produktion ist entweder klein oder man kann
00:29:37: sich auch mal verdatteln und dann zahlt man drauf und die einzige Rettung ist, es gibt
00:29:43: noch eine Möglichkeit das International zu verkaufen und dann am besten mit einer eigenen
00:29:46: Struktur.
00:29:47: Du hast doch die Firma schon immer entlang der Wertschöpfungskette weiter getrieben.
00:29:51: Zuerst die Entscheidung der Lieferkameras, Kameras brauchen wir irgendwie immer ein Prozent des
00:29:54: Kaufpreises als Tagesatz, okay das refinanziert sich wahrscheinlich relativ schnell.
00:29:58: Also hast du irgendwann gemerkt, okay so ein Film in 120 Länder plus zu bringen, das ist
00:30:01: richtig Arbeit, die gehen aber irgendwie mit meinem Produkt los, mit ihrem Stempel drauf
00:30:07: und ich glaube auch da ist etwas was man quasi besser machen kann und hast wieder geschaltet
00:30:11: und hast es zu euch geholt.
00:30:13: Also die Wertschöpfungskette möglichst komplett haben.
00:30:17: Das ist jetzt nicht meine Erfindung, die Amerikaner nennen das Studioprinzip, dass sie sozusagen
00:30:23: alles in einer Kette haben, nur das bisschen größer gedacht, also es ist eigentlich inspiriert
00:30:27: davon zu sagen, warum kann ich das nicht auch im Kleinen so machen wie die Amerikaner,
00:30:32: das ist im Großen machen.
00:30:33: Aber das ist ganz wichtig, weil eben das Risiko in diesem Produktion sehr groß ist und das
00:30:40: muss man abfedern.
00:30:41: Der nächste Meilenstein war dann der erste Film in Cannes, Film für Spiele Cannes, 2011
00:30:49: war das Michel Petrucciani auf dem roten Teppich quasi im, auf dem Olymp der Kinowelt.
00:30:57: Also als ich das das erste Mal erlebt habe, fand ich das sehr beeindruckend und auch eine
00:31:03: Form von Anerkennung und das war sehr schön.
00:31:05: Der nächste Schritt weiter sozusagen so ein Meilenstein, glaube ich war zwei Jahre später,
00:31:10: 2013, die erste Spielfilmproduktion mit einem Superstar, mit Mats Mickelsen, wo man sagt,
00:31:18: okay, wie funktioniert das, sozusagen so mit einem Weltstar zu arbeiten.
00:31:22: Habt ihr eingekauft, angesprochen, mit dem Gagen verhandelt, also volles Programm mit
00:31:26: einem internationalen Superstar?
00:31:27: Genau, das war wieder eine deutsch-französische Koop-Produktion, weil das funktioniert nicht
00:31:34: innerhalb eines Landes.
00:31:37: Mats Mickelsen war in der Tat sozusagen auf unserer Seite und das war schon spannend zu
00:31:45: sehen, dass auch auf dieser Ebene wird nur mit Wasser gekocht.
00:31:50: Und war sehr, sehr spannend, habe ich wieder was gelernt.
00:31:53: Und da setzte sich halt, kann Filmverspiele, da setzte sich das fort und die Preise und
00:32:03: das ist also wie immer, beim ersten Mal ist es am aufregendsten und irgendwann ist das
00:32:09: sehr schön und es bleibt nach wie vor immer schön, aber es wird dann Teil einer gewissen
00:32:14: Normalität übertrieben.
00:32:17: Aber das war die Zeit, wo ihr euch als Filmproduzent, als Filmstudio quasi auch internationalen
00:32:22: Paket gefestigt bewegt habt und Teil davon wart.
00:32:25: Genau, das war sehr schön, weil wir haben sozusagen einen Level erreicht, dass wir in
00:32:32: unserem Bereich, das war weniger der Spielfilm zum begangenen Zeitpunkt, sondern mehr die
00:32:38: geschichtlichen Dokumentationsserien, wo wir uns da international gut bewegt haben, wo
00:32:44: wir dann Platz gefunden haben.
00:32:46: Dann kam 2014, kam eine große Serie, 14 Tage Bücher des Ersten Weltkriegs, das war wieder
00:32:52: eine achteilige Serie, große internationale Ko-Produktion mit, ich weiß es nicht mehr,
00:33:00: 20, 30 Finanzierungspartnern, Hochkomplex, sehr erfolgreich als Werk, sehr erfolgreich
00:33:09: auch international.
00:33:10: Das war die erste deutsche Serie, die Netflix US lizenziert hat.
00:33:16: Insofern unser Eingrutzfahrt zu Netflix, das war alles sehr schön.
00:33:21: Aber das war, wir waren da als Federführer, wir haben Fehler gemacht, wir haben Geld
00:33:29: verloren in diesem Moment und ich war irgendwie fertig, kurz vom Burnout und dachte, okay,
00:33:38: irgendwas mache ich falsch, wo ist der Fehler, was läuft hier nicht?
00:33:44: Ich meine, du warst Mitte 40, ein guter Zeitpunkt für den Burnout, hört man ja öfter.
00:33:48: Trotzdem muss man sagen, alles, was du angefasst hast, das war immer sehr gut eingespielt und
00:33:53: lief recht erfolgreich, aber wenn du dich draußen den nächsten Schritt zu gehen, Kooperation,
00:33:57: Zusammenarbeit mit Netflix, der Olymp heutzutage, dann passiert wieder Fehler.
00:34:02: Und dann, egal wie weit man ist, hinterfragt man sich als guter Unternehmer und sagt,
00:34:07: liegt es jetzt an mir, komische Situationen, wie komme ich denn jetzt weiter?
00:34:10: Und dann kann man natürlich schon mal anfangen zu zweifeln.
00:34:12: Genau, weil die Frage ist, okay, warum machen alle andere nicht das, was sie machen sollen?
00:34:20: Da saß ich irgendwie eines Freitagsnamentars da vor meinem Rechner und hab geguggelt,
00:34:26: was mache ich denn jetzt?
00:34:27: Du hast wirklich geguggelt, was mache ich denn jetzt, um aus der Situation rauszukommen?
00:34:31: Ja, ich hab geguggelt, irgendwie, gibt es, kann mir irgendjemand sagen, was hier schiefläuft.
00:34:37: Und da hab ich was gefunden, es gibt jetzt zwei große Business Schools in Europa, die
00:34:44: so auf einem internationalen Ranking ganz oben sind, das ist die INSEAD in Fontainebleau
00:34:48: bei Paris und die IMD in Lausanne.
00:34:51: Wusste das damals nicht?
00:34:52: Ja, ich hab das gesehen, hab gelesen, dann hab ich gesehen, die INSEAD bietet also ein
00:34:58: Studium der Organisationspsychologie an und in dem Text stand, also wenn du das machst,
00:35:04: dann siehst du plötzlich, hast du einen Radarblick, was in deiner Organisation eigentlich unterhalb
00:35:12: der Oberfläche läuft und das wird life changing sein und dachte ich, okay, probieren wir das
00:35:17: mal, hab ich mich beworben und wurde angenommen und hab mich dann nochmal entschlossen,
00:35:22: nochmal zweieinhalb Jahre zu studieren.
00:35:24: Und so eine Art Master zu machen.
00:35:26: Genau, das ist ein Master in Organisationspsychologie und das war tatsächlich so ein life changing
00:35:33: Moment.
00:35:34: Das war eine Frage, welche Menschen sind dir begegnet, die einen großen Einfluss auf
00:35:39: dein Leben gehabt haben?
00:35:40: Da gibt es ganz, ganz, ganz viele Menschen, die ich nennen könnte, aber in diesem Fall
00:35:47: diese drei Professoren dort, Manfred Kettz-Devries und Roger Lehman und Erik van der Lo.
00:35:54: Das waren halt sehr erfahrene Organisationspsychologen, die meinen Blick komplett geändert haben.
00:36:02: Dummerweise kommt bei einem tieferen Blick auch raus, dass ein sehr großer Anteil, ehrlich
00:36:09: gesagt, bei mir liegt und nicht bei den anderen, das ist weil ich erst mal die schlechte Nachrichts,
00:36:13: das hörte sich schmerzhaft an, aber die gute Nachricht war ja, wenn ich es bin, dann kann
00:36:17: ich auch an mir arbeiten, um Dinge zu verändern.
00:36:20: Ich hab da das erste Mal Begriffen sozusagen aus der Perspektive so einer internationalen,
00:36:27: mega Business School von Leuten, die den Großteil der ganz großen CEOs, wie ihr Coach gehabt
00:36:34: haben, begriffen, es gibt so viel unterhalb der Oberfläche, was ich nicht sehe, meine
00:36:40: blinden Flecken, meinen Bias und als ich das beendet habe, hat sich meine Vision nochmal
00:36:50: geändert und mein Gedanke war, okay, kann ich es schaffen?
00:36:54: Vielleicht mit allen zusammen in der Organisation, eine Organisation zu bauen, die nachhaltig,
00:37:04: effizient, erfolgreich arbeitet, aber wo die Dinge in Balance sind, wo man Hochleistung
00:37:14: schafft, wo es auch finanziell gesund ist, aber wo es auch gesund für die Menschen ist.
00:37:20: Geht das?
00:37:21: Nicht immer in den Schmerz gehen, sich nicht immer kaputt machen, immer alle geben es an
00:37:24: ihre Leistungsgrenzen, um das zu schaffen, auch mal Geld zu verdienen, das kann es
00:37:28: ja nicht sein zum Schluss, aber verschleißt du ja dich selbst und andere Menschen.
00:37:31: Genau, und das ist halt ganz schwierig, weil auf der einen Seite sind wir eine Hochleistungsorganisation,
00:37:37: sonst könnten wir nicht an der Spitze mitspielen.
00:37:40: Auf der anderen Seite, um das nachhaltig zu machen, muss man einen Weg finden, dass
00:37:47: ein System finden, wie kann ich das so regulieren, dass das effizient funktioniert.
00:37:51: Und so bist du auch aus deinen eigenen Mitlife-Crisis quasi rausgeschwommen mit auch externer
00:37:56: Hilfe und ganz viel Arbeit an dir selbst.
00:37:58: Ganz viel Arbeit an mir selbst und dann eben mit Hilfe und das hatte ich dann gelernt.
00:38:03: Psychologie ist sowas gut, weil da gibt es also psychologisch fundierte Coaches, können
00:38:09: mir halt helfen, Dinge zu sehen, die ich nicht sehe, weil ich meine blinden Flecken habe
00:38:14: oder weil ich an der Spitze einer Organisation bin.
00:38:17: Nicht jeder sagt dem Chef, was er denkt, die wenigsten.
00:38:20: Und jemanden zu haben, der sehr offen ist und oft auch schmerzhaftes Feedback gibt oder
00:38:30: der Gespräche ermöglicht, die ich alleine vielleicht nicht hinbekommen könnte.
00:38:34: Das war sehr hilfreich und das hat nochmal einen ganz neuen Anlauf gegeben bei mir zu
00:38:44: versuchen, mit allen zusammen die Organisation anders aufzubauen.
00:38:48: Wir begleiten sozusagen unsere tägliche Arbeit seitdem über Coaches in einzelnen Coaching,
00:38:54: Gruppen Coaching, was den Mitarbeitenden offen steht.
00:38:59: Wir machen einmal im Jahr einen Retreat für drei Tage, wo wir reflektieren, was machen
00:39:03: wir hier, was können wir anders machen.
00:39:05: Und wo wir versuchen zu gucken, wo sind dann, wo sind Stellen, die nicht funktionieren?
00:39:11: Wie können wir das, was wir machen, abbilden in Workflows?
00:39:15: Wie können wir das digital abbilden zwischen dem ERP und einem Projektmanagement-Tool und
00:39:21: einem Dokumentenmanagement-Tool?
00:39:22: Wie können wir unsere Arbeit und unsere Kommunikation so abbilden, dass sie funktioniert
00:39:28: und transparent wird?
00:39:29: Das ist echt witzig, weil die ganzen Sachen, die du gerade erwähntest, haben wir quasi
00:39:32: mit unseren Digitalunternehmen auch.
00:39:34: Wir sind dann im ganz anderen Mediatätik.
00:39:36: Aber genau was du sagst, ist natürlich auch unsere Themen.
00:39:39: Das heißt, es trifft heute irgendwie alle.
00:39:40: Auch Film muss genauso funktionieren wie ein gutes digitales Unternehmen, eine gesamte
00:39:45: Crew.
00:39:46: Genau, und das ist halt, je höher der Druck ist, umso wichtiger scheint es mir an dieser
00:39:53: Organisation zu bauen.
00:39:54: Und weil du das noch fragt, was hat mir rausgeholfen?
00:39:59: Also in diesem Prozess habe ich noch etwas gelernt.
00:40:02: Für mich, das ist Meditation.
00:40:05: Deine Frage nach dem Life Hack, wenn es so drei Dinge gibt, die wichtig sind aus meiner
00:40:10: Sicht als auf einer Führungsposition, dann scheint es mir in allererster Linie Wachsamkeit
00:40:17: zu sein.
00:40:18: Also permanent eine Wachsamkeit zu haben, wie so ein Feuerwehrmann, der ein Instinkt
00:40:25: hat, was wohl gleich passieren könnte.
00:40:28: Und wo vielleicht was schiefläuft, wo also eine Nase dafür hat, diese Wachheit zu haben.
00:40:35: Auf der anderen Seite, gerade wenn es schlecht läuft, also eine große Disziplin und eine
00:40:40: Ausdauer haben zu können, wie irgendwie, als wenn ich eine lange Strecke laufe oder
00:40:45: einfach nicht aufgebe, sondern einfach weitermache.
00:40:48: Und drittens in der Lage zu sein, zu fokussieren, ganz genau auf eine Sache zu fokussieren und
00:40:53: dort immer wieder zurückzukommen.
00:40:54: Und das ist etwas, was im Prinzip der Kern der Meditation ist.
00:40:59: Bei der Meditation geht es darum, sich auf eine Sache voll zu konzentrieren.
00:41:04: Aber ob man sich auf diese Sache konzentriert oder demnach gibt, was das Gehirn ständig
00:41:10: anbietet, an neuen Gedanken, braucht man einen anderen Teil des Gehirns, der dem ersten Teil
00:41:16: zuguckt, was er gerade macht.
00:41:17: Das heißt, man hat parallel immer den Fokus und die Wachheit.
00:41:20: Und das ist quasi ein Training, was mir nützt in Momenten von Belastung und Krise da durch
00:41:29: zu kommen, zusammen mit Sport und mit Yoga da.
00:41:31: Also eine Balance für mich selber.
00:41:33: Das ist dein persönliches Geheimnis.
00:41:35: Und jetzt hast du die Firma, du kommst quasi aus dem Master zurück, hast du das auch was
00:41:39: zu meint?
00:41:40: Du kommst aus dem Master zurück, angewendet, die Firma stabilisiert auch.
00:41:42: Genau, das ist ein Prozess.
00:41:44: Wir haben Coaches.
00:41:45: Und dann gibt es eine große Dynamik mit Netflix.
00:41:52: Wir haben mehrere Netflix-Produktionen.
00:41:56: Das war sozusagen der Moment der Zeit.
00:41:58: Netflix war das große und wichtige in dem Moment.
00:42:02: Ist es immer noch, aber in dem Moment hat Netflix den Markt komplett geändert.
00:42:05: Und dann kam deine große Jugend lieber bei Irgendwann wieder ins Spiel.
00:42:08: Ja, genau.
00:42:09: Wir haben dann, weil wir halt viele Geschichtsfilme gemacht haben, war es ein Element der Kette
00:42:18: ist Archivmaterial.
00:42:20: Also wir arbeiten mit Filmarchiven und gucken, was wurde dann damals gedreht und verwenden
00:42:25: das für unsere Filme heute.
00:42:26: Und Progres aus dem Filmverlei war damals ein Archiv geworden.
00:42:34: Also die Archivtätigkeit, nämlich das im Auftrag des rechten Inhabers, der ID-Verstiftung,
00:42:42: die Ausschnitte zu anderen Filmemachern anzubieten, dem weltweit, damit sie daraus neue Filme
00:42:49: machen können.
00:42:50: Das war die Arbeit der Progres.
00:42:52: Und das fehlte uns, also so ein Archiv fehlte uns noch in unserer Sammlung, in unserer
00:42:56: Wertschöpfungskette.
00:42:57: Und es gab eine Gelegenheit, das zu erwerben.
00:43:00: Und dann dachte ich, okay, das muss jetzt sein.
00:43:03: Also die Progres erwerben wir.
00:43:05: Das war 2019.
00:43:06: Und mit der Vision das ganze ins digitale Zeitalter zu bringen.
00:43:12: Also eine Plattform zu machen, sozusagen so eine Amazonian Shopping Experience, haben wir
00:43:18: das genannt, zu entwickeln.
00:43:19: Man sagen kann, wir finden ganz viele weitere Archive, die wir da auch gefunden haben.
00:43:26: Das ist die Vietnamäse- und Ukrainische Staatsarchive, Archiv-Wochenschauen usw.
00:43:31: Machen diese Plattform größer, versuchen einen Plattform-Effekt zu kreieren, um also im B2B-Bereich,
00:43:39: also für andere Filmproduzenten weltweit, Archivmaterial aufzubereiten, zu finden, anzubieten,
00:43:47: zu lizenzieren.
00:43:48: Wahnsinn, wie viele Leute hast du damit eingekauft?
00:43:51: Was für eine Transaktion ist so, was für mich total schweigreich war?
00:43:54: Das war überschaubar, das war eine überschaubare Struktur.
00:44:02: Während 10, 15 Leute.
00:44:05: Und einstellig, unter 10.
00:44:07: Und wir haben dann auch die erste Begegnung sozusagen mit eigener Softwareentwicklung.
00:44:18: Also wie baue ich eine Plattform?
00:44:20: Hatte es aus so einer Art Amazon gebaut, im B2B-Bereich für diese Filmarchive, würde
00:44:25: auch immer mehr Archive andocken, also die können auch monetarisieren darüber?
00:44:29: Genau, das ist unsere tägliche Arbeit, also die tägliche Arbeit dieser Progres-Mannschaft.
00:44:36: Und dann ist daraus noch ein weiterer Gedanke entstanden.
00:44:41: Also zum einen wollen wir, das sind wir bei, das ist Verlei-Business.
00:44:47: Also diesen Gedanken, Filme auf dem weltweit Markt einzukaufen und sie in Deutschland ins
00:44:55: Kino zu bringen.
00:44:56: Das ist das Kerngeschäft eines Verleihers.
00:44:57: Und das hat Progres als einer der ganz großen europäischen Verleiher zwischen 1950 und 1990
00:45:03: gemacht.
00:45:04: Und das wieder beleben wir jetzt mit neuen Filmen und gleichzeitig bauen wir dieses Archivgeschäft
00:45:11: auf.
00:45:12: Und ein dritter Weg, den wir gegangen haben.
00:45:14: Oh mein Gott, da musst du die Frage stellen.
00:45:15: Ihr seid nicht nur Filmverleiher, ihr seid heute auch quasi in der Position selber nach
00:45:21: Cannes zu fahren und zu anderen Filmfestivals, euch dort Filme anzuschauen, die Filmrechte
00:45:26: zu erwerben, deutsche Filmrechte, internationale wie auch immer und diese dann selbstständig
00:45:31: zu vermarkten.
00:45:32: Also ihr produziert nichts, fangsläufig alles allein.
00:45:33: Ihr könnt auch Herr über Content sein, den ihr aktiv eingekauft habt und mit Marge verkaufen
00:45:38: könnt.
00:45:39: Genau, das ist die Grundidee eines Verleihs.
00:45:42: Ein Kollege von mir fährt nach Cannes, sichtet dann rund um die Uhr Filme, macht eine Vorauswahl
00:45:49: und ruft dann an und sagt, Gunnar, hier, also ganz heiße Nummer, musst du gucken, dann
00:45:56: bin ich halt irgendwo, fahre in die Autobahn, Raststätte und gucke mir einen Film an oder
00:46:00: gehe eben nicht ins Bett und sag dann, ah nee, weißt du, ich glaube, da geh' ich auch
00:46:06: nicht dran.
00:46:07: Also da hast du dich verdattelt, glaube ich.
00:46:09: Oder, oh, super.
00:46:11: Ja, komm, nehmen wir.
00:46:13: Wie viel wollen wir in den Ring schmeißen?
00:46:15: Wie wär's mit X oder, nee, da lachen wir uns aus.
00:46:19: Na dann Y.
00:46:20: Und dann ist es so ein Bittergeschäft, wo man dann sagt, der Verkäufer will möglichst
00:46:26: seinen Film natürlich verkaufen, sagt er zu spät, ja, dann haben alle schon ihr Budget
00:46:32: irgendwo anders ausgegeben, sagt er zu früh, ja, hat er es für zu klein verkauft.
00:46:36: Der Kaufmann in mir rechnet er quasi immer mit, das kann also durchaus sein.
00:46:40: Er kauft ein Filmrecht, ein deutsches Filmrecht für 20.000 Euro ein und weil ihr einen richtig
00:46:44: guten Riecher hattet und der Zeitgeist mitspielt oder auch uns in der Resse von anderen, die
00:46:48: diesen Film ausstrahlen wollen, verkauft ihr 800 später für 250.000 Euro dieses Filmrecht.
00:46:53: Das kann passieren.
00:46:54: Das kann passieren, das ist auch schon passiert, darauf kann man sich leider nur nicht verlassen,
00:47:00: ja, genauso wie das passieren kann und besser ist, kann eben auch auf der anderen Seite
00:47:04: passieren und passiert auch.
00:47:06: Man schiebt eine Filmproduktion an und plötzlich fehlen 100.000 oder 500.000 oder man steht
00:47:12: dann plötzlich mit einem Minus da und muss jetzt irgendwie gucken, was man jetzt und
00:47:19: dann mit bisschen Glück ist der Film so gut, dass man ihn danach auf dem internationalen
00:47:24: Markt wieder verkaufen kann, ja, das ist ja wie eine Software, muss dann aber auch gut
00:47:28: genug sein und der Markt muss es auch gerade hergeben.
00:47:31: Weil seid ihr Rechteinhaber dann?
00:47:32: Ja, wir sind, also bei den Filmen, die wir selber hergestellt haben, sind wir Rechteinhaber,
00:47:37: bis auf die, die wir an Co-Produzenten oder mitfinanzierende Sender oder andere Partner
00:47:42: abgegeben haben oder in so einem Fall wie eben beschrieben, nach Kann fahren, Film einkaufen,
00:47:48: dann kaufen wir zum Beispiel die Filme für, also kaufen die Deutschen Rechte ein und sagen,
00:47:54: okay, wir können das in Deutschland ins Kino bringen, aber wir können das auch noch an
00:47:57: die F verkaufen und wir können auch noch irgendwelche T-Shirts, irgendwelche Merch damit
00:48:02: machen, das ist sozusagen, das ist das Kerngeschäft.
00:48:06: Das heißt aber für den Filmproduzenten in dem Fall, der verkauft euch die Deutschen
00:48:09: Rechte, die Rechte für Schweden und noch jemand anderen die Rechte für China und die
00:48:13: USA, das wird dann natürlich, wenn der Netflix kommt, extrem schwer zu sagen, ich kann die
00:48:18: weltweit aussteilen, weil du musst ja damit allen Einzelnen verhandeln, also du kannst
00:48:22: auch direkt an einen großen Verkauf in der weltweit distribuiert, aber klassischerweise
00:48:26: so in Deutschland, in Frankreich hergestellt, der Film, der wird eben in solchen Verfahren
00:48:30: länderweise verkauft.
00:48:31: Der wird länderweise verkauft, es passiert auch, ist auch schon mehr als einmal passiert,
00:48:37: dass eben ein Streamer plötzlich sagt, oh, ich habe Interesse, kann ich Rechte wieder
00:48:45: zurückkaufen, die ihr schon verkauft habt.
00:48:47: Das wird dann natürlich interessant für alle Beteiligten in dem Moment, wenn der Streamer
00:48:51: da so ein großes Interesse hat und sagt, okay, da glaube ich so sehr dran, ich will die
00:48:55: Rechte, die ihr schon verkauft habt, wieder zurückkaufen.
00:48:58: Ja, das passiert, aber im Allgemeinen versucht der Streamer dann lieber eher reinzugehen,
00:49:05: um nicht oder als Erster zu stehen und die Rechte zu kaufen, weil es ansonsten schwierig
00:49:10: wird und teuer, wenn man zu spät dort einstellt.
00:49:14: Das sind auch immer die Kernbieter eigentlich, also so eine Netflix und Co, die sind oft
00:49:17: auch für weltweite Rechte der Kernbieter und dann kann eine Zerschlagung aber spannender
00:49:21: sein für den Produzenten monitär.
00:49:22: Also der Markt ist sehr, der ändert sich die ganze Zeit.
00:49:26: Dann gibt es sozusagen, dann sind die Streamer plötzlich weit vorne, dann ziehen die sich
00:49:33: wieder ein bisschen zurück wie im Moment, dann sind die öffentlich-rechtlichen an bestimmten
00:49:37: Sachen interessiert.
00:49:38: Also das ändert sich die ganze Zeit und man muss halt sehr wach sein und das Problem ist,
00:49:44: es dauert immer von dem Moment, wo ich loslege mit einem Film, bis der dann da ist, sind
00:49:48: ja mehrere Jahre vergangen.
00:49:49: Ich muss ja schon mal vorausdenken, was wird wohl passieren?
00:49:53: Jahre.
00:49:54: Ja, es gibt manchmal extreme Situationen wie zum Beispiel, als die Invasion in die Ukraine
00:50:00: war, da haben wir dann ein Film innerhalb von, ich glaube es waren irgendwie 17 Tage geliefert,
00:50:06: weil wir gerade zufällig, nicht zufällig, aber weil wir gerade vorher ein großes Interview
00:50:10: mit Zelensky gedreht hatten, war das dann alles möglich.
00:50:13: Aber normalerweise sind es eher Jahre, in denen wir reden.
00:50:17: Hast du entschieden, ein Team zum Zelensky zu schicken?
00:50:20: Ja, wir machen das häufig, dass wir denken, okay, was wird wohl, wo wird was passieren?
00:50:29: Damals war es so, dass wir gesagt haben, da gibt es schon Krieg, der wird hier nur nicht
00:50:35: so wahrgenommen und da wird jetzt ein Kollege, sozusagen Produzent, Schauspieler, wird jetzt
00:50:42: zum Präsidenten, der hat vorher eine Serie gemacht, wo er das alles schon vorher gespielt
00:50:48: hat, ganz seltsame Situation.
00:50:51: Und glaube ich, das Story eigentlich.
00:50:53: Das Wahnsinn Story kommen lassen, was daraus machen und haben alle so gesagt, hey Ukraine,
00:50:58: wen interessiert denn das?
00:50:59: Aber wir sind dann halt zu Zelensky gegangen und haben mehrere Tage mit ihm gedreht und
00:51:06: er hat sehr viel von dem, was dann später passiert ist in dem Moment vorhergesagt und
00:51:11: das hat uns in die Möglichkeit versetzt, dann sehr schnell einen Film zu machen.
00:51:15: Das ist wirklich die Ausnahme.
00:51:16: Also innerhalb von zwei Wochen so einen Film zu machen, das macht man nicht so oft.
00:51:22: Was für Filme kenne ich von euch?
00:51:23: Also was war wirklich auch international oder generell so erfolgreich?
00:51:27: Was ich es sehr wahrscheinlich gesehen habe oder konfrontiert wurde, wenn ich Netflix
00:51:30: oder Amazon aufmache?
00:51:31: Ja, also bei Netflix gibt es zum Beispiel eine Serie über die Kolonia Dignidad, die
00:51:39: hat es geschafft in Chile auf Platz vier des globalen Rankings, also nach Squid Game.
00:51:46: Waren wir da ganz oben, die ist nach wie vor, wird die gerne gesehen.
00:51:51: Aus der Umgebung der chilenischen Delegation, als der chilenische Präsident kürzlich hier
00:51:59: in Berlin war und mit Scholz über die Kolonia Dignidad gesprochen hat und wie geht man
00:52:06: damit um und denkt man und so weiter, gefragt der Kanzler nach Erklärungen, Hintergrund
00:52:13: über den Hintergrund der Kolonia Dignidad und Boric hat dann gesagt, schauen Sie sich
00:52:17: die Netflix-Serie an, dann ist alles erklärt.
00:52:20: Also das ist ein Staatenführer, der sich quasi über eure Serie auch identifiziert und sagt,
00:52:24: das ist unsere Geschichte und empfiehlt quasi unserem Bundeskanzler, wenn er sich wirklich
00:52:29: dafür interessiert, diese Dokumentation zu gucken.
00:52:31: Diese Prätation nehme ich gerne an.
00:52:32: So, und das ist etwas, es gibt eine andere Geschichte auf Netflix, zum Beispiel Dick Deeper
00:52:41: heißt die, ja das ist so eine True Crime Geschichte.
00:52:43: Das sind Dinge, die halt häufig gesehen werden.
00:52:47: Aktuell ist gerade ein, jetzt in diesen Tagen ist gestartet und jetzt halt deswegen überall
00:52:54: sehr gut promotet eine Serie, die heißt "Die Spaltung der Welt", eine sechsteilige Serie
00:53:00: auf im Ersten und Arte in den Mediatheken.
00:53:04: Das seid ihr auch.
00:53:06: Die große, ja eine große 10 Millionen Euro Produktion, internationale Co-Produktion,
00:53:12: die versucht wieder zu erzählen mit verschiedenen Hauptfiguren, wie diese Situationen, in der
00:53:21: wir heute sind, mit den Kriegen in Gaza, in der Ukraine, wo liegen die Ursachen, die
00:53:32: quasi zum zweiten Weltkrieg oder nach dem zweiten Weltkrieg dort angelegt worden sind,
00:53:38: deswegen recht timely sozusagen, sagen wir dazu als Serie.
00:53:42: Film ist immer Teamarbeit, da kann man nichts alleine machen, es ist immer eine Mannschaft.
00:53:49: Ich alleine bin nur ein Rat und alleine könnte ich nichts machen, es funktioniert nur innerhalb
00:53:59: einer Organisation.
00:54:01: Was mir wichtig scheint, was uns wichtig scheint, ist, dass wir diese internationalen Kooperationen,
00:54:09: diese Co-Produktionen, die wir mit wechselnden Partnern machen, dass wir ein System finden,
00:54:15: wenn es irgendwie geht, ein Netzwerk aus Joint Ventures aufzubauen, europäisch, die nach
00:54:22: denselben expliziten digital abgebildeten Regeln ganz transparent miteinander arbeiten,
00:54:31: um nicht immer wieder in solchen Co-Produktionen erneute Verhandlungen zu haben, Hidden Agendas
00:54:36: und so weiter, sondern in einer sehr transparenten, funktionierenden europäischen Art und Weise
00:54:42: miteinander zu arbeiten.
00:54:43: Da haben wir jetzt 2 Joint Ventures gebildet am Start in Polen und in Österreich.
00:54:49: Wirklich gemeinsame Unternehmen gebaut, mit dort vor Ort ansässigen Unternehmen,
00:54:53: bei der ihr 30-50-Prozent-Halt oder was auch immer gemeinsam produziert und wo ihr sagt,
00:54:59: mit denen können wir auf Augenhöhe, die haben dieselben Standards wie wir, mit denen
00:55:02: fühlen wir uns sehr wohl und können international erheben.
00:55:05: Wir einigen uns in einem längeren Prozess auf gemeinsame Standards, um sozusagen diese,
00:55:12: also ich glaube, wir brauchen diese Effizienz.
00:55:16: Der Markt ist im Umbruch und steht einen noch viel größeren Umbruch durch KI, bevor
00:55:21: niemand weiß, was das alles bedeuten wird.
00:55:23: Aber ich glaube, wir brauchen eine sehr starke Struktur und ich glaube, wir brauchen eine
00:55:31: europäische Struktur, eine sehr effiziente Struktur, aber eine Struktur, wo wir Hochleistung
00:55:36: auf der einen Seite mit Balance, ja und das kann gerne eine Work-Work-Balance sein.
00:55:41: Aber viele Leute bevorzugen eine Work-Life-Balance, wo jeder sagt, das sind meine Grenzen und
00:55:48: ich gehe an die Grenze ran, aber nicht darüber hinaus, dass es gesund ist, dass es eine gesunde
00:55:54: Nachhaltigonsention wird, das ist mein Vision.
00:55:57: Und ich glaube auch, das ist auch deine ganz persönliche Weiterentwicklung.
00:56:00: Du hast jetzt quasi ein Nukleus geschaffen, der gut funktioniert, wo du noch ein kleiner
00:56:04: Teil bist, weil du hast ganz viele Mitarbeiter, der eine macht den Rechteeinkauf besser als
00:56:07: du, der andere die Produktion.
00:56:08: Das ist ja Verbrief, die sind einfach in diesem Gebiet besser als du.
00:56:11: Du hast jetzt aber dafür die Freiheit, dass du sagst, ich kann mich mit KI beschäftigen,
00:56:15: ich kann mich mit Joint Ventures beschäftigen.
00:56:17: Also eigentlich, es wird immer strategischer deine Arbeit, weil du sagst, ich habe für
00:56:21: dieses Unternehmen einen Plan und ich brauche die Freiheit, mich auch darauf fokussieren
00:56:24: zu können und da setze ich auch meine Zeit ein, das geht immer schon, selber auch schon
00:56:29: mal gesagt hast, 15 Schritte voraus, du versuchst vorzudenken und versuchst natürlich auch
00:56:34: immer noch auf die Reise mitzunehmen, wenn ihr mehrere Tage unterwegs seid oder auch
00:56:37: mit Workshops, dass du sagst, okay, wir haben eine Chance gemeinsam dieses Ziel auch zu
00:56:41: erreichen.
00:56:42: So ist die Theorie und das ist das, was ich mir vornehme und dann kommt natürlich das
00:56:45: richtige Leben dazwischen.
00:56:47: Dann wird hier jemand krank, da ist jemand zum Glück schwanger, hier wird es kindkrank,
00:56:53: da gibt es eine Scheidung, wo es das Leben alles so bereit hält.
00:56:56: Und dann heißt es natürlich immer, okay, jetzt müssen wir hier ganz konkret Hand anlegen,
00:57:01: zurück, Hand in den Schlamm, was, wie können wir hier das und das in Ordnung bringen, so
00:57:09: ist das richtige Leben.
00:57:10: Aber die Vision besteht darin zu sagen, ich übernehme eine Rolle, die kann auch jemand
00:57:17: anders übernehmen.
00:57:18: Also ich möchte, ich möchte ja sinnvoll mich einsetzen für die Organisation und für alle
00:57:26: anderen.
00:57:27: Aber die Rolle, die ich dann gerne übernehmen möchte und auch sehr gerne übernehme ist,
00:57:32: die zu gucken, was wird eigentlich über, übermorgen passieren und was sollten wir jetzt angehen,
00:57:37: damit das, was über, übermorgen passieren wird, gut für uns sein wird.
00:57:42: Noch eine Sache, die mich interessiert, der war vorhin nicht abgeschlossen.
00:57:45: Du hast deine Firma damals, die die Zeitung quasi in den Vertrieb gebracht hat und auch
00:57:49: ausgediefert hat, also die Infrastruktur, hast du an dein Vater übergeben.
00:57:54: 30 Jahre her.
00:57:55: Gibt es diese Firma heute noch?
00:57:56: Ja, die Firma gibt es heute noch, die ist ein bisschen kleiner geworden, aber die Firma
00:58:01: gibt es nach wie vor und das läuft und das stimmt.
00:58:08: Das ist, das ist 30 Jahre her.
00:58:11: Absoluter Wahnsinn.
00:58:12: Also wirklich eine mega beeindruckende Reise.
00:58:16: Gunnar, tausend Dank dafür, dass du uns mitgenommen hast.
00:58:18: Ich habe unglaublich viel das ganze Filmthema auch gelernt, aber zum Schluss ist es auch
00:58:23: mittelständisches Business in all seinen Entwicklungsschritten.
00:58:26: Es ist immer die nächste Stufe gehen zu wollen, mal mit einem Rückschlag und mal ohne.
00:58:29: Es ist auch ein sehr schöner Einblick auch in die Entwicklung eines Geschäftsführers
00:58:33: Eigentümers uns gegeben.
00:58:35: Also tausend Dank für diesen Input war ein super spannender Podcast.
00:58:38: Danke für die Einladung und danke für deine Fragen.
00:58:40: Wenn es euch genauso gut gefallen hat wie mir, dann bewertet, liked und schreibt gerne
00:58:44: auch in die Kommentare, was wir besser machen können.
00:58:46: Auch dafür haben wir immer ein offenes Ohr.
00:58:47: Vergesst nicht, Mittwoch ist Mittelsdastag.
00:58:50: Ich wünsche euch eine mega erfolgreiche Woche und sage bis bald.
00:58:53: [Musik]
00:58:55: [Musik]
00:58:57: Hallo.
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